Green Branding vs. Greenwashing
Nachhaltigkeit ist in den letzten Jahren vom Nischenthema zu einem zwingenden Parameter geworden, um als Unternehmen im Wettbewerb bestehen zu können. Grüne Werbung begegnet einem inzwischen allerorten, unter anderem als Bio-Label auf Produkten, durch das werbemäßige Herausstellen einer nachhaltigen Produktion bzw. Verpackung oder schlicht über grafische Assoziationen mit dem Thema Nachhaltigkeit. Inzwischen mehren sich jedoch auch kritische Töne und der Vorwurf des Greenwashing macht immer häufiger die Runde. Doch welche Regeln gelten eigentlich für Green Branding?
Als Greenwashing werden PR-Methoden bezeichnet, mit denen Unternehmen und deren Produkten ein umweltfreundliches und nachhaltiges Image verliehen wird, ohne dass dies sachlich gerechtfertigt ist. Denkbar ist derartige Werbung mit Nachhaltigkeit über nahezu alle Spielarten von PR und in praktisch allen Branchen. Im Fokus des Greenwashing-Vorwurfs stehen vage bzw. unzutreffende Werbeaussagen, die Verwendung von grünen Logos und Marken, deren inhaltliche Aussagekraft unklar bleibt bzw. allgemeine Assoziationen mit Nachhaltigkeit, die ohne sachliche Gründe erzeugt werden.
Abmahnungen zu Greenwashing nehmen zu
Längst haben das Thema Greenwashing die Gerichte erreicht und immer häufiger werden Auseinandersetzungen über die Belastbarkeit von Green Branding juristisch ausgetragen. Gelöst werden die Fälle über die Anwendung der allgemein geltenden Rechtsnormen, wobei insbesondere das Wettbewerbsrecht (UWG – Gesetz gegen den Unlauteren Wettbewerb) von Relevanz ist. Das aus dem Wettbewerbsrecht folgende Irreführungsverbot (§ 5 UWG) kann insbesondere dann zur Anwendung kommen, wenn mit einer Werbeaussage ein konkretes Versprechen verbunden wird, welches nicht eingehalten wird.
Mit welchen Fragestellungen man sich dabei zu beschäftigen hat, lässt sich anschaulich am beliebten Begriff der Klimaneutralität nachvollziehen – ein inzwischen häufiger Claim auf Produkten. Nachdem zunächst Unklarheit über das Verständnis dieser Aussage herrschte, zeichnet sich ab, dass deutsche Gerichte darunter die Emissionsfreiheit der entsprechend beworbenen Produkte verstehen (zuletzt u.a. OLG Schleswig, Urteil vom 30.06.2022, Az. 6 U 46/21 zu klimaneutralen Müllbeuteln). Anders als der vage Begriff der Umweltfreundlichkeit hält das Gericht die Angabe der Klimaneutralität für eine überprüfbare Aussage. Soweit die CO2-Emissionen der Produktherstellung tatsächlich ausgeglichen wurden, liegt keine Irreführung vor. Es wurde vom Gericht zudem betont, dass wegen der hohen Bedeutung der Aussage für den Verbraucher bei der Bewertung ein strenger Maßstab gilt.
Alternative: Etablierte Bio-Label und Öko-Siegel
Der Fall zeigt, dass die Zulässigkeit von Werbung mit Nachhaltigkeit von Details abhängen kann. Hinzu kommt, dass bislang nur zu einzelnen Aussagen belastbare Gerichtsentscheidungen vorliegen. Aus diesem Grund werden sich Unternehmen auch die Frage stellen, ob sie nicht eher auf ein etabliertes Bio-Label bzw. Öko-Siegel zugreifen. Diese haben sich insbesondere im Lebensmittel- und Konsumgüterbereich durchgesetzt. Herstellern bieten sie eine freiwillige Möglichkeit der Zertifizierung durch einen Dritten, zum Beispiel zum Beleg der Einhaltung einer bestimmten Ökobilanz und bieten somit anders als austauschbare grüne Marken eine Richtigkeitsgewähr für die Einhaltung eines bestimmten Standards. Öko-Siegel existieren inzwischen auf der ganzen Welt. Ein Beispiel hierfür ist das deutsche Umwelt-Label Der Blaue Engel.
Ursprünglich wurden Öko-Label von Non-Government Organisations (NGOs) eingeführt. Inzwischen haben aber auch Regierungen bzw. staatliche Stellen die Siegel für sich entdeckt. Sogar auf EU-Ebene gibt es inzwischen derartige Zertifizierungssysteme. So wurde im Jahr 1992 das EU Ecolabel eingeführt. Es wird an Produkte vergeben, die weniger negative Auswirkungen auf die Umwelt haben als vergleichbare Standardprodukte.
Eigene Grüne Marke etablieren?
Natürlich muss niemand zwingend auf bereits existierende Öko-Label zurückgreifen, sondern kann auch ein eigenes Label entwickeln. Hierbei stellen sich selbstredend wieder Fragen nach der wettbewerbsrechtlichen Zulässigkeit, der Akzeptanz beim Konsumenten sowie zur Aussagekraft des jeweiligen Logos. Zur Absicherung bietet sich entweder eine Individualmarke oder eine Gewährleistungsmarke an. Die Mehrzahl der Zeichen mit grünem Einschlag wird als Individualmarke angemeldet. Das größte Hindernis bei der Anmeldung von Individualmarken liegt in der Vermeidung einer Zurückweisung wegen des Fehlens von Unterscheidungskraft. Werden in die Marke konkrete Nachhaltungsaussagen aufgenommen, muss sichergestellt werden, dass alle mit der Marke versehenen Produkte diese auch erfüllen.
Unter Gewährleistungsmarken sind hingegen Zeichen zu verstehen, die bestimmte Standards bzw. eine besondere Qualität garantieren. Anders als klassische Marken werden sie von einer Person oder Gesellschaft angemeldet, welche diese später nicht selbst nutzt. Vielmehr gestattet der Inhaber der Gewährleistungsmarke Dritten die Verwendung des Zeichens unter vorher definierten Voraussetzungen. Voraussetzung für die Eintragung ist u.a. die Einreichung einer Satzung beim zuständigen Markenamt. Diese legt die Standards hinsichtlich Produkt- und Qualitätseigenschaften fest und die Nutzungsbedingungen werden offengelegt.
Für welche Strategie sich das betroffene Unternehmen auch entscheidet: Die Werbung mit Nachhaltigkeit ist den Kinderschuhen entwachsen und wird heute deutlich kritischer hinterfragt als noch vor ein paar Jahren. Man tut gut daran, die Verwendung von Claims oder Marken mit Nachhaltigkeitsaussage vor ihrem Einsatz sorgfältig zu validieren.