Online-Bewertungsportale: BGH stärkt Rechte von bewerteten Unternehmen

02.09.2022

Immer wieder sehen sich Unternehmen mit negativen Kommentaren auf Bewertungsportalen konfrontiert, bei denen unklar ist, ob die Bewertung tatsächlich auf realen Kundenerfahrungen beruht. Dies gilt insbesondere für anonymisierte Bewertungen, die keine Rückschlüsse auf die tatsächliche Nutzung des Produktes oder Service zulassen. Unlängst hatte sich der Bundesgerichtshof („BGH“) mit einer anonymisierten Negativbewertung auf einer Hotelplattform zu beschäftigen. Das Gericht hat mit seiner Entscheidung die Rechte der von derartigen Negativbewertungen betroffenen Unternehmen substantiell gestärkt (BGH, Urteil vom 9. August 2022, Az.: VI ZR 1244/20). Nach Auffassung des BGH kann ein Hotel eine anonymisierte Bewertung gegenüber dem Portal unmittelbar rügen. Klärt das Portal die Gasteigenschaft des Bewerters in der Folge nicht positiv ab, muss die (negative) Bewertung dauerhaft entfernt werden.

Der Fall betrifft Bewertungen zu einem Ferienpark, die auf einem Online-Reiseportal eingestellt worden waren. Mehr als 10 anonyme bzw. nur mit einem Vornamen gekennzeichnete Posts stellten den Ferienpark in zweifelhaftem Licht dar. So wurde angegeben, die Anlage würde den Charme der 60er/70er Jahre versprühen bzw. der Service sei mangelhaft. Dem Betreiber des Ferienparks war es wegen der Anonymisierung und Allgemeinheit der Angaben unmöglich, die Echtheit der Aussagen zu verifizieren. Beruhten die Angaben auf Erfahrungen und Eindrücken eines „echten“ Gastes oder waren diese ggf. dem Auftrag eines Wettbewerbers geschuldet?  

Bezahlte Negativkommentare von Wettbewerbern?

Es liegt auf der Hand, dass derartige Negativbewertungen massive Auswirkungen auf den wirtschaftlichen Erfolg eines Unternehmens haben können. Der Betreiber des Ferienparks rügte daher die Bewertungen und forderte den Portalbetreiber zur Verifizierung der Identitäten bzw. Entfernung der Inhalte auf. Als dies nicht erfolgte, wurde ein Gerichtsverfahren eingeleitet. Der BGH hat in seiner Entscheidung klargestellt, dass das bewertete Unternehmen anonymisierten Angaben gegenüber einem Bewertungsportal rügen kann. Dies resultiere aus dem Unternehmenspersönlichkeitsrecht und solle nicht nur gelten, wenn die Angaben der anonymisierten Bewertung keinerlei Rückschlüsse auf einen Besuch der Hotelanlage zulassen. Vielmehr reiche die einfache Rüge auch dann, wenn der Eintrag Hinweise für einen tatsächlichen Aufenthalt liefere. Damit konkretisiert der BGH ein Urteil vom 1. März 2016 (Az.: VI ZR 34/15).

Prüfpflicht des Bewertungsportals nach Rüge

Die Richter begründeten dies damit, dass der Bewertete die Validität des Kommentars mangels Kenntnis des Bewerters auch in diesem Fall nicht überprüfen könne. Der Gästekontakt sei nicht sicher feststellbar. Anderes könne nur gelten, wenn die Angaben im Kommentar so konkret seien, dass die Identität des Gastes trotz der Anonymisierung verifizierbar sei. Wird eine Bewertung auf dieser Basis zu Recht gerügt, muss das Bewertungsportal die Validität der vermeintlichen Gästeangabe prüfen. Der BGH machte keine Angaben dazu, wie und in welcher Tiefe diese Prüfung zu erfolgen hatte. Da das Bewertungsportals keinerlei Verifizierung vorgenommen hatte, bestand hierzu auch kein Anlass. Die Frage ist nun, was aus dem Urteil für die von derartigen Bewertungen betroffenen Unternehmen folgt.

Folge: Keine anonymisierten Negativbewertungen?

Tatsächlich dürfte es Unternehmen bei anonymisierten Negativbewertungen zukünftig leichter fallen, Bewertungsportale zu einer Prüfung der Validität der Bewertung zu zwingen. Eine einfache Rüge gegenüber dem Portal aufgrund der Anonymisierung ohne weitere Begründung genügt. Nur wenn sich aus den Details der Bewertung klare Rückschlüsse auf eine tatsächliche Inanspruchnahme des Produkts oder der Dienstleistung ergeben, gelten höhere Anforderungen. Die Zukunft wird weisen, ob dies im Ergebnis dazu führt, dass Bewertungsportale die Identität der Bewerter grundsätzlich vertiefter prüfen bzw. höhere Anforderungen an die Abgaben von Bewertenden und ihren Kommentaren stellen.